Dass es Mao-Tse-Tung moeglich war, die Umschichtung in der chinesischen Wirtschaft derart radikal durchzufuehren, ist vor allem auf seine Finanzpolitik zurueckzufuehren. Die Nationalregierung hat ihre Staatsausgaben im Wesentlichen ueber die Notenpresse finanziert. Demgegenueber hat Mao-Tse-Tung sich die notwendigen Mittel auf Grund eines drakonischen Steuersystems beschafft. Hierdurch wurde zweierlei erreicht. Auf der einen Seite wurden die starken inflationistischen Tendenzen zurueckgebildet; auf der anderen Seite wurde der Geldmarkt zur Finanzierung der Steuerlast derart in Anspruch genommen, dass das Gold, das in der chinesischen Wirtschaft von jeher eine besondere Rolle gespielt hat, auf den Markt geworfen werden musste, wodurch sich der Goldpreis ueberraschend zurueckgebildet hat. Damit war dem chinesischen Privatkapital gleichzeitig die staerkste Stuetze seiner Macht entzogen. Die rotchinesiche Regierung hat mit ihrer Finanz- und Waehrungspolitik erreicht, dass der Start der kommunistischen Waehrung, der so genannten Yuan-Noten, die vielfach auch als chinesische Volksdollars bezeichnet werden, von Sachkennern als gelungen bezeichnet wird.

 

"Der Volkswirt". 1951

 

Zu dem hier beigelegten Aufsatz "Die grosse Wandlung in China".

 

Der Verfasser spricht ueber das Gold in China und behauptet, es sei die staerkste Stuetze des chinesischen Privatkapitals. Anscheinend ist der Verfasser ein Anhaenger der modernen Universitaets-Theorie.

Der Besitz von Gold kann niemals ein Machtfaktor sein. Das Gold verleiht nur dann Macht

 

a.) wenn man es ausgibt. ("Fuer Geld kann man den Teufel tanzen lassen" sagt das Volk.) Und wenn jemand einen Montblanc aus purem Gold besaesse, wenn er nichts davon ausgibt, so koennte er ebenso gut einen Eisberg besitzen;

 

b.) wenn man es zu fordern hat, der Schuldner aber Schwierigkeiten findet, es zu beschaffen, dann ist naemlich der Glaeubiger schon beinahe Herr des Schuldners.

 

Eugen Duehring bemerkt ganz richtig, dass der Besitz von Gold in vieler Beziehung unabhaengig macht; er wuenscht deshalb, dass das Volk moeglichst viel Gold hortet, um in schwierigen Lagen zahlungsfaehig zu sein, z.B. bei Lebensmittelmangel. Gold zieht die Lebensmittel aus den fernsten Gegenden staerker an wie der Magnet das Eisen aus naechster Naehe. Auch fuerchten die Regierungen mit Recht diese Unabhaengigkeit des Volkes. Die kommunistischen Regierungen nicht weniger als die USA-Regierung verbieten daher den Besitz von Gold, soweit es zur Zahlung verwendet werden kann. Schon Caesar verbot den Besitz groesserer Mengen von Edelmetall - - von  seinem  Standpunkt aus ganz mit Recht. Rom waere sonst vielleicht von seinen Zuteilungen unabhaengig geworden.

 

Der Privatkapitalismus nicht weniger als der Staatskapitalismus ueben ihre Macht durch Verfuegung ueber die Arbeitskraft, die Produktionsmittel und die Produkte aus. Das gelingt am besten da, wo das Volk kein Gold besitzt.

 

Goethe in seinen Gespraechcn mit Eckermann kommentiert den Wahlspruch Byron's : "Viel Geld und keine Obrigkeit!". Goethe bemerkt dazu, dass der Besitz vielen Geldes tatsaechlich von der Obrigkeit emanzipiert.

 

Bth.

20.12.53.

 

 

 

 

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First published in: Ulrich von Beckerath: Zur Freiheit, zum Frieden und zur Gerechtigkeit; Gesammelte Briefe, Papiere, Notizen, Besprechungen. PEACE PLANS 428-467 (Mikrofiche), Berrima, Australia, 1983. Page 2694.